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Kapitalgedeckte Altersvorsorge

Artikel vom 17.03.2007 aus Sonstiges.

Seit längerem verfolge ich einen bestimmten Blog bei der Zeit, genannt Herdentrieb. Die fachlich doch recht hoch einzustufende Diskussionen sind ein interessantes Spiegelbild von vermeintlichen Intelektuellen im Finanzbereich.

Die folgende Meinung, die im Rahmen einer Diskussion zur Altersversorgung durch Investitionen ins Ausland entstand, spiegelt recht gut meine aktuelle Meinung zu diesem Thema wieder.

Quelle: http://blog.zeit.de/herdentrieb/ Autor: Hermann Keske
Natürlich kann man sich mit dem Gedanken beschäftigen, durch glückliche Spekulationen mit welchen Papieren auch immer ein günstigeren Ertrag zu erwirtschaften als andere. Aber im Rahmen der Prüfung einer vor allem erst einmal stabilen Altersvorsorge kann das keine ernstzunehmende Position sein.

Der tägliche Börsenhandel mit Gebraucht-Aktien hat, darüber sind wir sicher einig, mit der Bereitstellung von Kapital für die Realwirtschaft nur noch denkbar wenig zu tun. Tagtäglich werden Milliarden hin- und hergeschoben, und die aktiven Teilnehmer betreiben nichts anderes als ein Nullsummenspiel. Jedem Gewinner steht ein Verlierer gegenüber – zuverlässiger Gewinner ist nur der Casino-Betreiber, wie im richtigen Leben. Was im Casino beim Roulette die Null der gar die Doppel-Null, das ist im Börsenspiel die Provision, die in jedem Fall anfällt.

Gewinne, die nicht durch Verluste wieder aufgewogen werden, lassen sich nur erzielen, wenn dem System ständig neues Geld zugeführt wird, wie bei einem Schneeball-System. Mein Eindruck ist nun, dass genau diesem Zwecke, nämlich der ständig neuen Zufuhr von Geld, die Kapitaldeckung der Altersvorsorge dienen soll – am besten in der Zwangsvariante. Das Umlageverfahren sammelt keine Kapitalien an, die private Kapitaldeckung dagegen in erfreulichem Umfang. Deshalb ist aus dieser, und nur aus dieser, Sicht die Kapitaldeckung wünschenswert.

Erfreulich allerdings nur für die, die bereits im Spiel engagiert sind. Wenn Millionen Leute, die sonst aus guten Gründen der Börse fernbleiben, nun gezwungen werden sollen, am Konsum zu sparen und dafür Kapitalanlagen zu suchen, dann herrscht noch einmal gewaltige Goldgräberstimmung. Wie bei einem Schneeballsystem – nämlich bis zum Ende des ständigen neuen Zustroms von Geld.

Diese Ideen stossen deshalb bei mir auf finsterstes Misstrauen – in der Realwirtschaft ist Kapitalanlage selbstverständlich sinnvoll, keine Frage, und sie erwirtschaftet Erträge, die im Zusammenhang mit der Güterproduktion stehen.

Die Ansammlung von Geld für die längst von der Realwirtschaft abgekoppelten Finanzmärkte dagegen ist nichts anderes als Zocken – und die Verlierer sind immer dieselben. Anzunehmen, dass der Eisenbieger von der Hochbaufirma mit der gleichen Sachkenntnis Anlageentscheidungen treffen würde wie der Bankkaufmann, das ist denn doch wohl zu blauäugig.

Wie nennen es die Ökonomen, grob verharmlosend? Asymmetrische Information? Sie wollen wirklich Millionen asymmetrisch Informierte ihre Altersvorsorge an Profi-Zocker verspielen lassen?

Aber zurück zum System. Nur in der Realwirtschaft können Kapitalanlagen für die Altersvorsorge in Betracht kommen. Die Realwirtschaft hat aber schon längst keinen Bedarf mehr nach solchen Kapitalmengen, wie sie hier unterzubringen wären. In der grossen Zahl, bei der systematischen Suche nach einem System für alle – und nicht nur für ein paar Gewinner – ist die Kapitaldeckung unter den gegenwärtigen Umständen nach meiner Auffassung ungeeignet.

Grüsse


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Erstversion vom 17.03.2007. Letzte Aktualisierung am 16.09.2009.